Bits, Bytes und Biodiversität

Künstliche Intelligenz im Dienste der Ökologie

Mit der ersten Sonderausstellung im neu inszenierten Nationalparkzentrum thematisiert die Universität Zürich den Einsatz moderner Technologien in der Ökologie. 

Jede achte Spezies ist heute vom Aussterben bedroht. Dieser Biodiversitätsverlust ist eine riesige, globale Herausforderung. Ökologinnen und Ökologen untersuchen, wie Tier- und Pflanzenwelten auf menschliche und klimatische Einflüsse reagieren – und wie wir Menschen sie schützen können. Dabei greifen sie immer mehr auf digitale Hilfsmittel zurück. Beispielsweise auf Kamerafallen, wie sie auch der Schweizerische Nationalpark einsetzt. 

Dank Kamerafallen können Ökologinnen und Ökologen Wildtiere beobachten, ohne ihr Verhalten zu beeinflussen und ohne zu invasiven Mitteln wie Halsbändern oder Ohrmarken greifen zu müssen. Allerdings fallen dabei riesige Datenmengen an, deren Auswertung sehr zeitaufwendig ist. Hier soll künstliche Intelligenz (KI) Abhilfe schaffen: Immer mehr Forschungsteams nutzen maschinelles Lernen, um die Bildauswertung zu beschleunigen.

Bits, Bytes & Biodiversität lässt Sie in aktuelle Forschungsprojekte der Universität Zürich eintauchen. Die Ausstellung zeigt vielversprechende digitale Methoden in der Ökologie auf, verweist aber auch darauf, dass Naturschutzprojekte nur funktionieren, wenn sie von allen mitgetragen werden.  

Bits, Bytes & Biodiversität ist vom 4. Juni 2023 bis am 9. März 2024 bei uns zu Gast.
 

Blick in den Sonderausstellungsraum des Nationalparkzentrums Zernez (© Yanik Bürkli) 

 

Wildtiere aus allen Kontinenten

Triggered by Motion, ein Videopavillon aus Recycling-PET, entführt seine Besucherinnen und Besucher in alle Welt. Für die Installation sind in Naturschutz- und Forschungsprojekten an der Universität Zürich und weltweit Kamerafallen installiert worden, die während eines Jahres Stimmungen und Lebenswelten an den insgesamt 21 Standorten eingefangen haben. Eine dieser Kamerafallen stand auch im Schweizerischen Nationalpark, in der Val Trupchun/Val Müschauns.

Der Pavillon verweist auf das Potential von Kamerafallen in der Ökologie. Gleichzeitig macht er die enormen Datenmengen sichtbar, die bei der Arbeit mit solchen Fallen entstehen. Auch der Nationalpark besitzt mittlerweile rund 1.5 Millionen Aufnahmen. Wie andere an Triggered by Motion beteiligte Forschungsteams tüftelt man deshalb auch hier an einer Lösung mit Künstlicher Intelligenz KI, um die Aufnahmen auswerten zu lassen. 

Ansicht des Videopavillons Triggered by Motion von innen (© Yanik Bürkli) 

 

Ein riesen Giraffen-Memory

Im Modul Spot the spots ist Mitmachen gefragt. Besucherinnen und Besucher können versuchen, Giraffen anhand ihrer Fellmuster zu erkennen und die Bildpaare mit denselben Mustern einander zuzuordnen – denn genau wie Fingerabdrücke sind keine zwei Giraffenfellmuster auf der Welt gleich. 

Das Giraffen-Memory vermittelt, wie und weshalb in der Giraffenforschung Mustererkennungsoftwares eingesetzt werden. Es ist in Kooperation mit der Wildtierbiologin Monica Bond von der Universität Zürich entstanden: Auch sie nutzt eine solche Software, um bedrohte Massai-Giraffen in Tansania zu erforschen. In einem Gebiet, das fast viermal so gross ist wie der Kanton Graubünden, überwachen sie und ihr Team am Wild Nature Institute rund 4000 Tiere – und tragen so zu ihrem Schutz bei.

Besucher:innen vor dem Magnetwand-Memory Spot the spots (© Yanik Bürkli) 

 

Schimpansen-Musik

Seit über zwei Jahrzehnten erforscht die Primatologin und evolutionäre Anthropologin Kathelijne Koops von der Universität Zürich die materielle Kultur von Menschenaffen in den Nimba-Bergen in Guinea. Mithilfe von Kamerafallen hat sie viele Aufnahmen von Schimpansen gesammelt, die mit Händen und Füssen auf Baumstümpfe trommeln. Dabei entwickeln sie individuelle Trommelstile: Wie Menschen haben nämlich auch Schimpansen kulturelle Ausdrucksformen, die sich von Gemeinschaft zu Gemeinschaft unterscheiden. 
Nicolas Buzzi hat sich künstlerisch mit den Videodaten aus Kathelijne Koops Feldforschung auseinandergesetzt und das Rufen und Trommeln der Schimpansen und die Geräusche des Waldes einer Komposition zugrunde gelegt. Die Musikinstallation Zuzuhören gerufen soll ein Bewusstsein für die menschgemachte Zerstörung von Lebensräumen schaffen –  denn die Schimpansengemeinschaften der Nimba-Berge sind durch Bergbau, Wilderei und Entwaldung bedroht. Wir müssen jetzt handeln, um ihren Schutz sicherzustellen und ihre kulturelle Vielfalt in freier Wildbahn zu erhalten.

Junge Besucher:innen in Nicolas Buzzis Musikinstallation Zuzuhören gerufen (© Yanik Bürkli) 


Die Ausstellung ist Teil eines Projekts der Universität Zürich. Mehr dazu erfahren Sie unter: 
► triggeredbymotion.com
► Flyer zur Ausstellung