Lawinen sind der prägende Prozess in der winterlichen Landschaft. Da der Park im Winter geschlossen ist, stellen sie jedoch keine Gefahr für die Besuchenden dar.
Lawinen sind Massen von Schnee und Eis, welche sich an steilen Berghängen lösen und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit talabwärts fliessen. Dabei unterscheiden wir verschiedene Typen:
Staublawinen: Entstehen vor allem im Hochwinter bei kühleren Temperaturen und können mit ihrem Luftdruck ganze Wälder umreissen.
Schneebrettlawinen: Hier kommt eine ganze Schneetafel gleichzeitig ins Rutschen. Auslöser können auch Tiere oder herabfallende Steine sein.
Nassschneelawinen: Entstehen bei starker Erwärmung, lösen sich spontan und können bis weit in die Täler vordringen. Der nasse Schnee reisst auch Steine und Bäume mit.
Ob eine Lawine an einem Ort entsteht oder nicht, hängt mit dem Aufbau der Schneedecke zusammen. In einem Winter mit starken Temperaturschwankungen beispielsweise können sich Schneedecken aus verschiedenen Schneeschichten bilden, die leichter instabil werden können.
Kegel einer Nassschneelawine bei Purcher in der Val Trupchun
Lawinenniedergänge gibt es auch im Schweizerischen Nationalpark (SNP) jedes Jahr. Hier zeugen verschiedene Hänge mit umgestürzten Bäumen von der Gewalt solcher Ereignisse. Oft sind die Überreste der Lawinenkegel bis in den Sommer, wenn die Wanderwege längst wieder geöffnet sind, sichtbar. Schneefelder, aber auch zerstückelte Bäume und Schutt, sind dann die Zeugen solcher Ereignisse.
Es kann sogar vorkommen, dass die Druckwelle von besonders starken Lawinen, die den Talboden erreichen, auch die gegenüberliegende Talseite erfasst und der Druck dort die Bäume umwirft. Dies ist beispielsweise in der Val Trupchun oder auch im Spöltal nahe Zernez passiert. Die gleichmässige Ausrichtung der umgestürzten Bäume zeigt diesen Prozess an.
Auch die Flurnamen im Gebiet des SNPs weisen auf immer wiederkehrende Ereignisse hin, so beispielsweise die Lavinar Grond in der Val Mingèr, oder die Lavinar Lad beim Munt la Schera, oberhalb Punt la Drossa, die der Besucher auf der Wanderung durchquert (siehe Foto).
Im Zusammenhang mit Lawinen fällt immer wieder das Wort «Naturkatastrophen», insbesondere wenn der Niedergang von Lawinen Sachschäden verursacht und Personen in den Tod reisst. Das gleiche gilt übrigens auch für Murgänge.
Das Gebiet des Schweizerischen Nationalparks wird jedoch nicht wirtschaftlich genutzt und ist darüber hinaus im Winter für die Besucher geschlossen. Aus diesen Gründen ist im SNP weder von Schaden noch von Katastrophen die Rede, wenn es um die Beschreibung solcher Prozesse geht. Denn diese schaffen auch neue Lebensräume und bringen natürliche Dynamik ins System.
Da im Winter lediglich die Ofenpassstrasse, die mitten durch den SNP verläuft, geöffnet ist, sind keine Lawinenschutzmassnahmen innerhalb des Nationalparks nötig. An den wenigen steilen Hänge, welche sich innerhalb des Parks entlang der Strasse erstrecken, hat der Wald bisher ausreichenden Schutz vor Lawinen geboten. Ausserhalb des Nationalparks, insbesondere im Gebiet rund um Zernez, zeugen verschiedene Lawinenhänge mit Schutzverbauungen von den immer wiederkehrenden Lawinenereignissen, die hier eine Gefahr für verschiedene Infrastrukturen darstellen.
Die Lawinengefahr ist einer von mehreren Gründen, weshalb der SNP jeweils ab dem ersten grösseren Schneefall geschlossen wird.
Weitere Infos:
► Webseite des SLF zum Thema Lawinen